Es ist ein lauer Sommerabend. Wir sitzen an einem steinernen Tisch mit steinernen Bänken. Ein großer Traktor steht in Sichtweite, mit einem gelben Tankanhänger dran. Heute unterhalte ich mich mit Florian und Tanja Schweiger, über das Kinderfest am Wochenende des 1. und 2. Juli 2017, über Landwirtschaft in der Stadt, und über Gemeinschaft im Glauben.
Dieser Beitrag macht den Auftakt zu einer Interviewreihe, in der wir Gemeindemitglieder im Pfarrbrief direkt zu Wort kommen lassen.
Frage: Wir sitzen hier auf dem Schweigerhof. Wie lange gibt’s den schon?
[Florian] Hmm. Seit 1600 ungefähr. Für das genaue Jahr müsste ich nachsehen. Da haben wir so ein Forstrecht, und das reicht im Grundbuch halt so weit zurück.
Frage: Auch dann schon an dieser Stelle hier?
[Florian] Nein, der Hof war zunächst unten wo heute der Förg ist und die Eisdiele. Mein Großvater ist dann 1960 ausgesiedelt und hier oben aufgebaut.
Frage: Seit wann führt Ihr den Hof?
[Florian] Seit 2009.
Frage: Tanja, wie kamst du dazu? Was hast du gemacht, bevor du auf den Hof kamst?
[Tanja] Über die Pferde. Florian hatte früher Pferde, da kam ich dann abends immer und habe die Pferde versorgt und irgendwo ist man hängen geblieben. Die Pferde sind weg, ich bin immer noch da. (lacht).
Frage: Tanja, was hast du vorher gemacht?
[Tanja] Ich studierte Grundschullehramt und habe bis zur Elternzeit als Lehrer gearbeitet. Zunächst in Ichenhausen bei Günzburg, und am Schluss jetzt Hochzoll Süd in der jahrgangskombinierten Klasse.
[Frage] Funktioniert das gut mit der jahrgangskombinierten Klasse?
[Tanja] Nicht so gut, wie es in Deutschland aufgesetzt ist mit nur einer Lehrkraft. Das mag in der alten Dorfschule funktioniert haben, mit etwas mehr Disziplin dahinter.
Frage: Und Kinder habt ihr auch?
[Tanja] Im Moment bin ich noch in der Elternzeit, bis 2018. Für die 2 Kinder, und dann sehen wir weiter.
Frage: Apropos Kinder: Das Kinderfest – wieso ist das denn das zweite Jahr schon bei euch?
[Tanja] Wegen des Abrisses des Roncallihauses, so dass der Platz für das Kinderfest gefehlt hat. Dann kam Guntram (Kühnle) auf Florian zu. Sie würden es gerne weiterführen, das Kinderfest, weil wenn es einmal aufhört dann wäre die Serie gerissen, und ob sie das bei uns veranstalten könnten.
Frage: Wow, das ist Einsatz – ein Fest der Gemeinde bei sich zu Hause ausrichten. Was hat euch bewegt, das auf euch zu nehmen?
[Tanja] Wir sind beide schon immer Gögginger gewesen, und waren jahrelang selbst dort. Und mit eigenen Kindern ist man dann natürlich auch bestrebt, dass da auch ein Kinderfest weiter lebt. Das Kinderfest ist einfach ein Bestandteil von Göggingen, und das wollten wir nicht, dass das aufhört. So sagten wir uns, der Platz ist da, die Zeit ist ungünstig – im Winter kann man es halt nicht machen. Aber die Pfarrjugend ist spitze und macht da echt viel mit. Sicher geht Zeit rein, bis die Maschinen aus der Halle geräumt sind und so weiter. Aber mit der Pfarrjugend zusammen ist es wirklich Super.
Da macht es Spaß, weil alle mitmachen und an einem Strang ziehen.
Frage: Was treibt ihr denn sonst noch so in der Pfarrgemeinde und der Pfarreiengemeinschaft?
[Tanja] Florian macht den Winterdienst. Falls tatsächlich mal Schnee fällt, sorgt er dafür, dass die Kirchgänger ohne Beinbruch in die Kirche finden. Das eben in der Kuratie. Dann noch die Kinderkirche, über die ja auch ab und zu zu lesen ist.
Frage: Warum? Was verbindet euch mit der Kirche? Was verbindet euch mit der Pfarrei?
[Florian] Die ganze Gemeinschaft. Da sehen wir uns verpflichtet, dass wir unseren Teil beitragen. Unser Hof ist Bestandteil von Göggingen, und von so her finde ich das wichtig.
[Tanja] Glaube kann nur funktionieren, wenn man eine Gemeinschaft ist, wenn man gleiche Vorstellungen hat. Und dann muss man eben auch ein bisserl aktiv sein.
[Florian] Und so macht’s auch Spaß. Das Kinderfest, so wie es letztes Jahr gelaufen ist, hat wirklich Spaß gemacht. Wenn die Leute da sind und es gefällt ihnen, das ist super.
Frage: Wie viele Leute erwartet ihr für das Kinderfest? Wie viele waren letztes Jahr da?
[Tanja] Insgesamt hatten wir an den beiden Tagen rund 5000 Leute da, und auch heuer gehen wir wieder von deutlich mehr als 400 Kindern aus. Gerade am Sonntag war es schon knackig voll. Am Samstag war das Wetter ja nicht so, aber am Sonntag war es richtig knackig voll.
Frage: Was habt ihr Schweigers auf dem Hof dafür vorgesehen?
[Tanja] Wir werden einfach den Bauernhof repräsentieren, das heißt Kälbchen, Ziegen, Hasen werden da sein – nicht wirklich ein Streichelzoo, aber fast – wo man mit Tiere in Kontakt kommen kann. Die Bulldogfahrt ist letztes Jahr sehr gut angekommen, grad bei den Jungs. Eine Strohburg wollen wir wieder machen zum Klettern. Dieses Maisbad, wo – es ist ja das Thema Wilder Westen – man dann Gold schürft. Das war voriges Jahr schon sehr gut – die Kinder waren ganz staubig von oben bis unten, aber die Kinder saßen da teilweise Stunden drin und haben gesandelt.
Wir wollten eben schauen – weil das war das Manko bei dem Kinderfest die letzten Jahre, dass die Leute nicht so lange geblieben sind. Die haben gegessen, haben einmal den Budenrundgang gemacht und dann war Schluss. Und wir haben gesagt: Es soll ja etwas hängen bleiben für die Jugend. Kinderfest ist schön und gut, aber es muss sich ja auch finanzieren und es soll ja für die Jugend etwas übrig bleiben, und das bleibt vor allem beim Essen übrig. Und es muss, wenn die Familien möglichst lange da sind und möglichst Mittag, Nachmittag und Abend essen, darum haben wir geschaut, dass mehr geboten ist. Und auch dadurch, dass wir kleine Kinder haben, sagten wir uns – die Buden sind für unsere Jahrgangsstufe eben nicht so besonders. Also wollen wir gucken, dass wir die Jahrgänge ein bisschen abdecken von klein zu groß.
Und das war dann schon gut: Die Familien haben rückgemeldet, dass sie den ganzen Tag verbringen konnten. Die Eltern haben sich teilweise unter die Apfelbäume gelegt und geschlafen, und die Kinder konnten den Tag verbringen hier – weil hier passiert ihnen halt nichts. Das ist halt der Nachteil beim Roncallihaus, dass die Straße direkt daneben ist.
Frage: Klingt toll. Wie viel Aufwand bedeutet das denn für euch und die Familie?
[Tanja] Jetzt die letzten zwei Wochen davor ist es schon einiges, weil Florian jetzt den halben Maschinenpark in die Messe raus fährt. Dort haben wir angefragt, ob wir die Hänger und Maschinen parken dürfen. Wir haben halt die halbe Halle ausgeräumt. Bei der Messe fragten wir nach, und das ist kein Problem. Die bekommen eine Brotzeit, oder wir grillen mal für sie. Das klappt schon. Die Halle ist eigentlich voll, und plötzlich fällt die Hälfte weg.
[Florian] Letztes Jahr Stand in der Zeitung es wäre Heu drin, aber das ist natürlich nicht so. Es ist aber eine Maschinenhalle. Maschinen werden wir auch ausstellen, dass die Stadtleute einfach mal wissen, was ist ein Pflug, was ist eine Sämaschine, wie sieht so etwas aus. Das wissen ja viele nicht mehr. Vielleicht schauen wir auch in den Stall. Dass die Leute auch sehen – das ist Landwirtschaft, kein Streichelzoo. Es ist ein Betrieb, muss wirtschaftlich sein. Wir wollen da ganz offen sein, dass jeder bei uns alles sehen kann.
Frage: Was macht ihr, wenn ihr nicht gerade für die Kirche was tut?
[Florian] Wir haben Tiere in erster Linie, dann Erdbeeren, und Getreide – Weizen, Gerste, Mais, Raps. Weizen, Gerste, Raps wird zum großen Teil verkauft. Der Mais wird Futter und der Rest verkauft. Wir können also von der Fläche her mehr produzieren als wir brauchen für unsere Tiere. Und dann natürlich der Hofladen.
[Tanja] Es ist immer ein Schweiger im Laden. Wir haben sechs Verkäufer, aber ein Schweiger ist immer da.
[Florian] Das gehört einfach dazu, das erwarten die Leute auch. Es ist ein Familienbetrieb, und da sollte schon ein Schweiger drin stehen.
Frage: Also Viecherei und Erdbeeren. Wie laufen die Erdbeeren dieses Jahr?
[Tanja] Anstrengend. Das Wetter ist einfach nicht optimal. Der Frost im Mai – ich behaupte die Erdbeeren waren geschwächt.
[Florian] Etwa 50% haben wir durch die Kälte im Mai verloren. Aber das ist Natur. Das ist Landwirtschaft. Man muss die guten und die schlechten Jahre mitnehmen.
[Tanja] Man kann Landwirtschaft nie von einem Jahr messen. Das hatte ich früher mal gedacht. Du musst fünf Jahre im Schnitt nehmen, und wenn das passt, dann ist es in Ordnung.
[Florian] Das Feedback von den Kunden ist dennoch ganz gut. Wir sind zufrieden.
[Tanja] Die Qualität, also der Geschmack war in Ordnung, nur die Größe eben nicht so. 12 Reihen in der Mitte [an der Bürgermeister-Ullrich-Straße] sind uns komplett erfroren, und die wenn du nicht mehr hast, dann ist eine Woche eben weg. Weil eine Sorte ist eigentlich eine Woche.
[Florian] Wir haben insgesamt 13 verschiedene Sorten. Nicht an jeder Plantage alle, aber insgesamt sind es 13. Der Grundstamm sind so fünf bis sechs Sorten, und dann probieren wir wieder neue aus. Du weißt ja immer erst im zwei Jahre später, ob es etwas ist. Wir pflanzen im April, im dem Jahr hat man dann nichts, und geerntet wird erst im Juni im nächsten Jahr. Man muss immer drei Jahre praktisch im Voraus planen. Wir müssen jetzt schon wissen, was wir für in drei Jahren pflanzen, was gute Sorten sind.
Frage: Merkt ihr das Neubaugebiet bei den Erdbeeren und im Laden?
[Tanja] Im Laden definitiv ja.
[Florian] Erdbeeren machen wir jetzt seit 2000, und die sind mit gewachsen mit dem Neubaugebiet. Wir haben 2000 bloß mit 2 Hektar angefangen, und mittlerweile haben wir 15. Im Ertrag haben wir 9 Hektar, und der Rest sind Neuanpflanzungen, weil einfach ein Drittel Jungpflanzen sind. Das ist einfach mitgewachsen, so wie die Nachfrage auch gewachsen ist.
Frage: Milch macht ihr aber keine mehr?
[Tanja] Nein, das rechnet sich für uns nicht. Das wäre zu eng, weil es ja wieder extra Platz benötigt, und extra Ausrüstung und einen Stall.
Frage: Wo finden euch die Leute?
[Tanja] In der Friedrich-Ebert-Straße 50, beim Silo, der ja weithin sichtbar ist.
Wenn du eine riesige Plakatwand aufstellen könntest – was würdest du darauf schreiben?
[Tanja] Wenn man zusammen hält, kann man einiges mehr erreichen.
[Florian] Es ist möglich, Landwirtschaft in der Stadt zu betreiben.
Und zwar so, dass alle glücklich und zufrieden sind.
[Tanja] Meinst du, dass den Leuten bewusst werden soll, dass Landwirtschaft notwendig ist?
[Florian] Nicht nur, sondern, erstens dass es möglich ist, und dann auch dass es eine Bereicherung darstellen kann für die Stadt, dass die Leute Landwirtschaft auch mal sehen können. Dass sie durch den Stall durchgehen können und die Tiere anschauen. Dass auch der Kindergarten durchgehen kann, und dass man den Leuten nahe bringen kann, wo die Lebensmittel herkommen. Dass man auch sieht, was da an Arbeit dahintersteckt. Das beugt auch dem übermäßigen wegwerfen von Lebensmitteln vor. Dass Lebensmittel eben auch einen Wert haben, der über den reinen Geldwert hinaus geht.
[Tanja] Es kommt so langsam ins Bewusstsein der Leute, dass Qualität eben auch bedeutet, dass am Samstag Mittag nicht mehr alles da sein kann und auch nicht muss. Das wird schon.
Florian, Tanja, danke fürs Gespräch!
[Florian, Tanja] Danke gleichfalls!
Die Schweigers findet man im Hofladen in der Friedrich-Ebert-Str. 50 und im Internet auf www.hofladenschweiger.de.
Das Gespräch führte Joachim Schlosser für die Redaktion.
Alle Fotos: www.joachimschlosser.de