Ich ahnte schon, dass es nicht gut gehen würde. Auf die Idee, im Winter am späten Abend diese Abkürzung zu nehmen, musste man erst einmal kommen. Der Weg führte zunächst entlang des Walchensees und ging dann steil bergauf zum Wald. Der Wagen quälte sich auf dem vereisten Stück langsam vorwärts. Doch dann: dichter Schnee – das Ende der Fahrt. Ich stieg aus, um zu schaufeln. Bald war ich von Füchsen umringt und musste zurück ins Auto. Ich saß fest: “Wie geht es weiter?”
Eine Frage, die sich auf meinem Lebensweg schon mehrmals stellte. Beruflich wie privat kamen einige Dinge anders als geplant. Ich denke aktuell an meinen Vater, der seit dem Tod meiner Mutter das Haus allein bewohnt – hoffentlich geht alles gut. Ich blicke nicht ohne Sorgen auf unsere beiden Kinder und wünsche ihnen, dass sie später ihren Platz finden.
Als Klinikseelsorger haben mir viele Menschen ihre Sorgen anvertraut – und ich wusste keine kluge Antwort: Eine voranschreitende Krankheit, eine von Krisen bedrohte oder gescheiterte Ehe, das Ende einer Berufslaufbahn, Einsamkeit, Ängste, Glaubenszweifel und das Gefühl der Ungewissheit. Die Menschen spüren, wenn etwas nicht mehr gut wird.
Die Jünger Jesu spürten das auch. Deswegen wollten sie auf dem Berg, wo sie die hell leuchtende Verklärung ihres Herrn erlebten, drei Hütten bauen. Hier ist es so schön, hier wollen wir bleiben. Sie ahnten, dass ihre Rechnung nicht aufgehen würde. Der Weg führt wieder hinab – hinab ins Tal des Lebens, in den grauen und oft schwierigen Alltag.
Zu später Stunde entwickelte sich vor kurzem im Pastoralrat die Frage, ob die Weitergabe des Glaubens in unserer Pfarreiengemeinschaft eine Priorität hat. Wie geht es weiter mit unserer Kirche? Wir haben keine Antwort gefunden. Doch uns war klar: Diesem Thema wollen wir uns stellen. Es wird Mühe machen und vielleicht einige Überraschungen bringen. Gewohnte Wege müssen verlassen werden.
Wenn wir fest sitzen, ist es nicht gut zu verweilen, “Hütten zu bauen” und die Wirklichkeit auszublenden. Ein Aufbruch kann zunächst bedeuten, sich abwärts zu bewegen, mit einem Gefühl der Ungewissheit – und des Vertrauens!
Es ist ein österlicher Weg. Er führt zunächst abwärts und dann zum Kreuz, einem Ort des Scheiterns. Ostern zu erleben, ist kein Spaziergang.
Zurück zu meinem kleinen Erlebnis, das für mich auch einen symbolischen Wert hat. Als ich im festgefahrenen Wagen am Berghang saß, musste ich ein großes Stück abwärts. Erst als es wieder einen festen Untergrund gab, konnte ich neuen Anlauf nehmen. Völlig erschöpft gelangte ich mitten in der Nacht in Jachenau an.
Ich möchte ermutigen: Oft sitzen wir fest und wissen nicht, wie es weitergeht. Auf dem Weg nach unten findet sich wieder ein fester Untergrund. Wir können nicht vorhersagen, wo genau das ist. Die Ungewissheit bleibt. Aber: Sobald das Vertrauen wieder greift, können wir neuen Anlauf nehmen.
In diesem Sinn wünsche ich Ihnen einen gesegneten Weg zum Osterfest.
Thomas Seibert, Pastoralreferent