„Da bin ich nun sehr überrascht“, so eine Teilnehmerin der Filmnacht über das bewegte Leben des Johannes XXIII. – sein bürgerlicher Name Angelo Guiseppe Roncalli. „Papst des Volkes“ oder „Johannes der Gütige“ wird er genannt. Vor fast genau 60 Jahren wurde er als „Übergangspapst“ gewählt. Im Vatikan ahnte keiner, wie der Heilige Geist mit diesem Mann neuen Schwung brachte. Sein Projekt eines Konzils hat die Kirche bis zum heutigen Tag nachhaltig verändert.
Für Pfarrer Nikolaus Wurzer ist das neue Roncallihaus der Anlass, sich an diesem bahnbrechenden Papst zu orientieren, wie er bei seiner Predigt zur Eröffnung der Roncalliwoche am 7. Oktober betonte. „Neuen Schwung braucht die Kirche auch heute!“ Und so machte sich die gesamte Pfarreiengemeinschaft auf den Weg. Das Motto: Aufbrechen – miteinander – zueinander – füreinander. Das Programm war bunt, die pastoralen Formate vielfältig.
Ein Kurzfilm über die achtjährige Rubai: Mit ihrem Bekenntnis, als Atheistin nicht an der Erstkommunion teilnehmen zu können, stößt sie auf Widerstände. Das Thema löste beim Kurzfilmfrühstück eine lebendige Debatte aus. Es gibt verborgene und ungewohnte Formen von Religiosität. Wie passt das zu unserer Art, den Glauben weiter zu geben?
Jede Bewegung hat ein Kraftzentrum. Das Mittagsgebet im Raum der Stille führte zur geistlichen Mitte – Vertrauen auf das Wirken Gottes in unserem Leben. Beim anschließenden gemeinsamen Essen wurde echte Gemeinschaft erlebt.
Diakon Dr. Edgar Krumpen erläuterte in seinem ansprechenden Vortrag die 50jährige Geschichte des Ständigen Diakonats im Bistum Augsburg. Eine attraktive Wanderausstellung illustrierte das Thema hervorragend. Der Ursprung des Diakonats ist das Vorbild Jesu. Der Apostel Paulus erwähnt im Philipperbrief erstmals die Anrede Episkopen und Diakone. Über Jahrhunderte war die Diakonen-Weihe eine Vorstufe zur Priesterweihe. Das Zweite Vatikanische Konzil hat 1964 beschlossen, für verheiratete Männer den Diakonat als ständigen Rang im kirchlichen Weiheamt wieder einzuführen. 1969 kam es im Bistum Augsburg unter Bischof Stimpfle zur Umsetzung. Seitdem wurden in der Diözese 222 Männer zu Ständigen Diakonen geweiht. Sie leben inmitten der Menschen, sind überall dort, wo Hilfe gebraucht wird, und öffnen so einen Raum für die Begegnung mit Gott. Was heißt das für mich persönlich?
„Fünf nach fünf“ – ebenfalls ein neues Format: Bei einer Tasse Kaffee oder einem „Feierabend-Bier“ Austausch über Gott und die Welt. „Die Kirche soll sich zur Welt hin öffnen“, hatte schon Roncalli festgestellt. Nikolaus Wurzer ist es wichtig, seiner Spur zu folgen.
Die Pfarrjugend brachte Licht ins Dunkel – bunt. Beeindruckende Illuminationseffekte und Musik prägten das Jugendgebet „Feiert Jesus 2“. Die anschließende Pizza machte das ganze rund – im wörtlichen und wohlschmeckenden Sinn.
Wer wollte, konnte den Abend beim geistlichen Orgelkonzert mit Stefan Albertshauser ausklingen lassen. Die mächtig-fulminante Ouvertüre ging über zu ruhigen und meditativen Klängen, die das Herz berührten. Das musikalische Gleichnis liest sich wie ein Spiegel zum modernen Menschen, der seine innere Mitte in der Präsenz des Göttlichen findet. Nikolaus Wurzer gestaltete mit Gebeten und Liedern den Übergang des Tages zur Ruhe der Nacht: „Den Tag in Gottes Hände legen.“
„Verheißung, Fügung, Führung – Mit Maria und Elisabeth aufbrechen“, so der Titel eines spannenden Vortrages mit Theresia Zettler. Die verantwortliche Leiterin des katholischen Frauenbundes, Barbara Hingerl, freute sich über die wertvollen Inspirationen: Wo braucht mich Gott – auch an Orten, die ich nicht mag? Am Anfang eines Tages ist ein Gespräch mit Gott gut. Gott erfüllt nicht alle unsere Wünsche, aber alle seine Verheißungen. Zum Thema Aufbruch, das mit „brechen“ und Schmerzen zu tun hat, pointierte der Mathematiker Georg Christoph Lichtenberg (1742-1799): „Ich weiß nicht, ob es besser wird, wenn es anders wird. Aber es muss anders werden, damit es besser wird.“ Was bedeutet Aufbruch in meinem Leben?
Es waren berührende Momente für die kranken Menschen unserer Pfarreiengemeinschaft, die zu einer Messe mit Krankensalbung eingeladen waren. „Durch diese heilige Salbung helfe dir der Herr in seinem reichen Erbarmen, er stehe dir bei mit der Kraft des Heiligen Geistes. Amen“, so das tröstende Segensgebet zur Salbung der Kranken, die Pfarrer Wurzer, Pfarrer Müller und Pfarrer Kuhn jeder einzelnen Person gespendet haben. Die anschließende Einladung zu Kaffee und Kuchen erfreute die rund 60 Teilnehmer – ein großes Dankeschön all den Personen, die zum Gelingen dieses Nachmittages beigetragen haben.
Gemeindereferent Michael Leupolz begeisterte gefirmte Jugendliche und die neuen Firmbewerber in einer Filmnacht mit dem Roadmovie „Vaya con Dios“: Was geschieht, wenn ein Kloster pleite geht? Die Ordensbrüder begeben sich auf den Weg nach Italien und machen dabei ganz spezielle Erfahrungen; es fehlt nicht an Humor und Gottes Beistand.
Der Liturgiereferent unserer Diözese, Pfarrer Ulrich Müller, erläutere in einem fundierten Vortrag mit dem provokanten Titel: „Sind die Hausaufgaben gemacht?“ zentrale Aspekte zum Thema „Gottesdienst feiern im Geiste des Zweiten Vatikanischen Konzils“. Schon zu Beginn des letzten Jahrhunderts entwickelte sich in der Liturgischen Bewegung der Gedanke der tätigen Teilnahme des Gottesvolkes an der Messe. Die Liturgiekonstitution Sacrosanctum Concilium von 1963 formulierte in diesem Sinne das Ziel, durch eine liturgische Erneuerung das christliche Leben der Gläubigen zu mehren. Drei Früchte: 1. Im Gottesdienst feiert die Gemeinde den Übergang vom Tod zum Leben, die Erlösung durch die Lebenshingabe Jesu Christi (Pascha-Mysterium). Alles Schwere und Dunkle wird verwandelt in lebendige Freude. 2. Die tätige Teilnahme (participatio actuosa) des Gottesvolkes hat zur Konsequenz, dass die gesamte Gemeinde als Subjekt aktiv an der Feier mitwirkt. Im Zusammenspiel der vielfältigen liturgischen Dienste zeigt sich das Wirken des Geistes Gottes. Im Bistum Augsburg sind 2.500 Gottesdiensthelfer und 5.000 Kommunionhelfer engagiert. 3. „Von größtem Gewicht für die Liturgie ist die Heilige Schrift“ (Kardinal Martini). Vor dem Konzil gab es bei den Lesungen nur eine schmale Auswahl von Texten des Neuen Testaments. Deshalb war es den Konzilsvätern ein großes Anliegen, die Schatzkammer der Heiligen Schrift in der Feier des Gottesdienstes weit aufzutun. Am Ende seines Vortrags betonte der Referent: Die liturgische Erneuerung ist nicht eine einmalige Angelegenheit. Sie bleibt eine ständige Aufgabe und Herausforderung, in der es letztlich darum geht, dass der Gottesdienst zum Ort der Gottesbegegnung für die Mitfeiernden wird.
Guten Zuspruch fand die von Nikolaus Wurzer gestaltete geistliche Einkehr „Nur für heute…“, die sich an den Lebensregeln von Papst Johannes XXIII. orientierte. Seine „Zehn Gebote der Gelassenheit“ sind eine wertvolle Hilfe für Menschen, die ihren Alltag unterbrechen und zur inneren Mitte finden wollen.
Beim sehr gut besuchten Weinfest zum Ausklang der Arbeitswoche spielte eine musikalisch interessante Besetzung von Klavier und Gitarre. Der Gitarrist Markus Freund und der Organist Stefan Albertshauser erfreuten das Publikum mit Salonmusik des 19. Jahrhunderts aus der Feder von Ferdinando Carulli und anderen. Ein großer Dank denen, die mit leckeren Schmankerln zum schönen Gelingen des Festes beigetragen haben!
Gut angekommen ist auch der von Pfarrer Nikolaus Wurzer ansprechend gestaltete Segnungsgottesdienst für die Kinder unserer Pfarreiengemeinschaft. Der Leser hat es schon gemerkt: Offenheit und Gastfreundschaft als ein Kennzeichen einer lebendigen Gemeinde. Erfüllt von der Gegenwart des Herrn dürfen wir Zeugnis geben von der Menschenfreundlichkeit Gottes. Und so konnten sich Eltern und Kinder nach der Feier bei Kaffee, Kuchen, Saft und Spielen gemeinsam freuen.
Die gemeinsame Eucharistiefeier der Pfarreiengemeinschaft am Sonntag, den 14. Oktober, verstand sich als Höhepunkt der Roncalliwoche. Nicht als Abschluss, sondern als Auftakt und Ermunterung, im Sinne von Johannes XXIII. weiterzumachen. Der neu in sein Amt eingeführte Diakon Martin Lehmann betonte bei seiner Predigt die Heiligsprechung von Papst Paul VI., der das Zweite Vatikanische Konzil zu Ende führte, und Bischof Oscar Romero, der sich in Opposition zum Regime von El Salvador für soziale Gerechtigkeit einsetzte und am 24.03.1980 bei der Feier der Heiligen Messe erschossen wurde. Sein Prinzip, an die Ränder zu gehen, ist diakonisch und ein Auftrag für uns alle. Wir können aus dem Geist Jesu leben und im befreien Umgang mit den materiellen Dingen „dem goldenen Kalb des Reichtums den Rücken kehren.“
Dem scheidenden Pastoralrat sagte Pfarrer Wurzer einen großen Dank für das bisher Geleistete, dem neuen alle guten Wünsche und Gottes Segen. Thomas Appel, der neue Vorsitzende des 22-köpfigen Pastoralrats, begrüßte beim anschließenden Stehempfang im Roncallihaus Diakon Lehmann mit dem Zuspruch „Es ist der Geist, der lebendig macht“ und bedankte sich ausdrücklich bei seiner Ehefrau, „die nun unserer Pfarreiengemeinschaft ihren Ehemann ausleiht.“ Heiterer Beifall, gute Laune und viel Zuversicht standen am Ende dieses pastoralen Projekts, das Nikolaus Wurzer im kommenden Jahr in St. Peter und Paul in Inningen fortführen möchte.
Pastoralreferent Thomas Seibert