Die Tage werden kürzer. Am Abend stehe ich auf dem Balkon und blase den Rauch des Zigarillos in das neblig-dunstige Grau. Die Luft ist kalt – so wie die Stimmung. Ich lasse die müden Gedanken ziellos schweifen. So wie der Rauch. Man kann ihn nicht festhalten – vieles im Leben auch nicht. Wie geht es weiter? Keine Ahnung. Den Politikern geht es ähnlich. Vermutlich werde ich am nächsten Morgen wieder an der gleichen Stelle stehen, wieder im neblig-dunstigen Grau – mit einem großen Becher Kaffee in der Hand.
Der Evangelist Markus war kein Raucher, aber er kannte vermutlich die müde und trübe Stimmung, die Menschen in ihrer Routine ergreifen kann. Er schreibt:
„In jener Zeit sprach Jesus zu seinen Jüngern: Seht euch also vor, und bleibt wach! Denn ihr wisst nicht, wann die Zeit da ist. Es ist wie mit einem Mann, der sein Haus verließ, um auf Reisen zu gehen: Er übertrug alle Verantwortung seinen Dienern, jedem eine bestimmte Aufgabe; dem Türhüter befahl er, wachsam zu sein. Seid also wachsam! Denn ihr wisst nicht, wann der Hausherr kommt, ob am Abend oder um Mitternacht, ob beim Hahnenschrei oder erst am Morgen. Er soll euch, wenn er plötzlich kommt, nicht schlafend antreffen. Was ich aber euch sage, das sage ich allen: Seid wachsam!“ (Markus 13, 33-37)
Dieser Text ist der Auftakt zum neuen Kirchenjahr am Ersten Advent. Ein neues Jahr: Silvester wird diesmal etwas ruhiger. Es kommt nicht darauf an, viel Lärm zu machen. Der Neubeginn liegt im aufmerksamen Hinhören in der Stille.
Der dänische Philosoph und Theologe Sören Kierkegaard (1813-1855) hat dazu einen schönen Text verfasst: „Als mein Gebet immer andächtiger und innerlicher wurde, da hatte ich immer weniger zu sagen. Zuletzt wurde ich ganz still. Ich meinte erst, Beten sei Reden. Ich lernte aber, dass Beten nicht bloß Schweigen ist, sondern Hören… Beten heißt: still werden und still sein und warten, bis der Betende Gott hört.“
Wachsame Stille – Neubeginn mit Gott – und ein Kaffeebecher.
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Thomas Seibert