Noch heute habe ich die Szene vor Augen, als ich vor der roten Ampel warten musste und im Rückspiegel meinen damals noch kleinen Sohn auf dem Kindersitz beobachtete. Er konnte gerade sprechen und so nutzte ich die Gelegenheit für eine Frage, die ich besser nicht gestellt hätte: „Wen hast du lieber? Deinen Papa oder sein Portmonnaie? Schweigen. Ich konnte sehen, wie es in seinem Kopf arbeitete und war auf die Antwort gespannt. Und dann seine Worte: „Ich habe euch beide gleich lieb.“ Zunächst erheitert – doch beim genauen Nachdenken etwas irritiert: Welchen Stellenwert habe ich als Vater?
Nicht ganz ohne einen gewissen Witz darf man sich eine Szene aus dem Matthäusevangelium (Kap 22, 15-21) vorstellen.
„In jener Zeit kamen die Pharisäer zusammen und beschlossen, Jesus mit einer Frage eine Falle zu stellen. Sie veranlassten ihre Jünger, zusammen mit den Anhängern des Herodes zu ihm zu gehen und zu sagen: Meister, wir wissen, dass du die Wahrheit sagst und wahrhaftig den Weg Gottes lehrst und auf niemanden Rücksicht nimmst, denn du siehst nicht auf die Person. Sag uns also: Was meinst du? Ist es erlaubt, dem Kaiser Steuer zu zahlen, oder nicht?“
Eine Fangfrage: Ein „Ja“ hätte bedeutet, dass Jesus als frommer Jude die verhasste römische Staatsmacht akzeptiert. Damit wäre sein Anspruch, im Namen Gottes zu handeln verwirkt. Ein offenes „Nein“ hätte die römische Besatzungsmacht auf den Plan gerufen.
„Jesus aber erkannte ihre böse Absicht und sagte: Ihr Heuchler, warum versucht ihr mich? Zeigt mir die Münze, mit der ihr eure Steuern bezahlt! Da hielten sie ihm einen Denár hin. Er fragte sie: Wessen Bild und Aufschrift ist das? Sie antworteten ihm: Des Kaisers. Darauf sagte er zu ihnen: So gebt dem Kaiser, was dem Kaiser gehört, und Gott, was Gott gehört!“
Ich stelle mir das Schmunzeln im umstehenden Publikum vor. Die klugen Pharisäer wollten Jesus vorführen. Doch der Schuss geht nach hinten los. Sie zahlten die Steuern ja selbst. Vermutlich standen sie da wie begossen. Die Antwort, so kurz wie sie ist, hat es in sich!
Der erste Teil der Antwort ist nüchtern: Steuern müssen bezahlt werden – bis heute. Es gibt viele Dinge und Pflichten, die unser Leben regeln und ordnen. Manches muss einfach sein. Regeln haben derzeit Konjunktur.
Der zweite Teil der Antwort jedoch trifft den Leser des Textes mitten ins Herz: Gebt Gott, was Gott gehört!
Was gehört nun Gott? Wir bekennen, dass Gott der Schöpfer ist. So gesehen gehört IHM alles! Wer diesen Blickwinkel im Alltag verinnerlicht, wird neu bewerten: Besitzurkunden und Vermögen, die mir anvertrauten Menschen, die von mir gebrauchten und verbrauchten Dinge, … letztlich die eigene Person. Mein ganzes Leben und alles um mich herum gehört zu Gottes Bereich. Das Reich Gottes ist der zentrale Inhalt der Botschaft Jesu. Wo Menschen ihr Leben ganz auf Gott ausrichten, wird die Welt eine andere. Wirklich!
Neulich wollte mein Sohn, der mich und mein Geld lieb hat, einen Zuschuss. Ich zögerte, gab ihm dann trotzdem einen Schein, dem ich ein wenig traurig hinterher schaute… Es ist alles nur geliehen.
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