Die Mitglieder des Ökumene-Kreises waren am 6. Juli in der syrisch-orthodoxen Marienkirche in Lechhausen eingeladen. Der erste Vorsitzende des Kirchenvorstands Daniyel Akgüc und Pfarrer Daniel Turan sowie der Diakon Raphael Gök begrüßten die interessierte Gruppe aus unseren Gemeinden. Das in einem Industriegebiet gelegene Kirchengebäude, das 1998 eingeweiht wurde und demnächst 25jähriges Jubiläum hat, beeindruckt durch seine helle und schlichte Architektur und einen gelungen gestalteten Altarraum, der durch einen dunklen Vorhang zunächst den Blicken der Kirchenbesucher entzogen ist. Das Öffnen des Vorhangs unterstreicht die Würde und Besonderheit des Raumes, der nur von den geweihten Priestern ohne Schuhe betreten werden darf – hier folgt diese Kirche klar der Weisung Gottes an Mose, der seine Schuhe auszog, weil er auf heiligem Boden stand.
Die syrisch-orthodoxe Kirche versteht sich als die älteste: Auf seinem Weg von Jerusalem nach Rom habe Petrus in Antiochien eine Gemeinde gegründet – die erste im Raum der Christenheit. Ein Merkmal, worauf Pfarrer Turan sehr stolz ist. Stolz ist er auch auf seine wachsende Gemeinde. Im Gegensatz zu uns zählt man nicht die einzelnen Gläubigen, sondern die Familien! Ein klarer pastoraler Ansatz! Es sind rund 700, pro Familie fünf Personen, also circa 3.500 Personen, bundesweit schätzt man 150.000. Die Kirche wächst, aber Priester fehlen. Je nach Finanzkraft einer Gemeinde kann diese einen Geistlichen bezahlen.
An den Seiten sind Stühle aufgestellt, weil das Gebäude an bestimmten Festtagen nicht mehr für alle einen Sitzplatz bietet. Ein Umstand, der den sehr pastoral und pragmatisch denkenden und verheirateten Pfarrer dazu veranlasst, die heilige Eucharistie in einer Stunde zu feiern. Wer die orthodoxe Liturgie kennt, weiß, dass drei bis vier Stunden als normal angesehen werden. Beim Fest der Geburt Christi folgt die Gemeinde unserem gregorianischen Kalender, beim Osterfest dem eigenen julianischen. Dahinter steht die Diskussion um die Verbundenheit mit den anderen syrisch-orthodoxen Kirchen auf Weltebene und die pragmatische Einbindung der Gläubigen in Deutschland.
Die Sache mit der Sprache ist ebenfalls interessant. Im Gottesdienst aramäisch, die Sprache Jesu! Weil jedoch die Gläubigen in vielen Ländern verschiedener Sprache leben, wird die Liturgie in deren Sprache gefeiert, so auch in Arabisch oder Kurdisch. Ein Umstand, der nicht ohne Probleme ist, denn: Die syrisch-orthodoxe Kirche war und ist an vielen Orten eine verfolgte. Pragmatisch gelöst hat Pfarrer Turan das Problem mit zwei Projektoren, die seine Liturgie in mehreren Sprachen auf einer Leinwand zum Mitlesen zeigen.
Ein bewegender Abschluss dieser ökumenischen Begegnung war das gesungene Vaterunser auf Aramäisch – so könnte es aus dem Mund Jesu geklungen haben.
Thomas Seibert, Diplomtheologe
Bild: Syrisch-orthodoxe Marienkirche, www.marienkirche-augsburg.de
Irmgard Schmid meint
Wie wertvoll und sinnvoll ist es, über den eigenen Tellerrand hinaus zu blicken, gerade, was Konfessionen und Interreligiosität betreffen. Mit Neugier, Achtung und Toleranz sollen wir Ungewohntem und Fremdem begegnen. Voraussetzung dafür ist, sich zu öffnen, wie es die Mitglieder des jetzigen Ökumene-Kreises bewiesen haben.
Dieser Bericht hat starke Erinnerungen an die Zeit, in der ich ehrenamtlich im Ökumene-Kreis Göggingen mitarbeiten durfte, hervorgerufen. Dankbar schaue ich auf diese Zeit zurück. Sie hat unauslöschliche Spuren in mir hinterlassen.
Vielen Dank für den lebendigen Erfahrungsbericht.
Thomas Seibert meint
Liebe Frau Schmid,
herzlichen Dank für Ihre Rückmeldung. Es freut uns, wenn die Arbeit des Ökumene-Kreises so ein positives Echo findet. Vielleicht haben Sie Interesse, wieder mitzumachen. Wir haben noch Platz.
Viele Grüße
Thomas Seibert
Klaus Lorenz meint
Ich beglückwünsche den Ökumene-Kreis zu dieser ökumenischen Horizonterweiterung in unserer weiteren Nachbarschaft ! Herrn Seibert herzlichen Dank für diesen sehr interessanten, bebilderten Bericht, der hilft, unseren christlichen Glauben weiter, d.h. ökumenisch zu begreifen.
Thomas Seibert meint
Lieber Herr Lorenz,
herzlichen Dank für Ihren Beitrag, der mich sehr gefreut hat.
Viele Grüße
Thomas Seibert