Nach dem gemeinsamen Morgengebet in der Grundschule und dem Kreuzzeichen sagte ein Mädchen: „Da kommen ja nur Männer vor.“ – Noch ehe ich antworten konnte, sagte ein Junge: „Klar – Gott ist ein Mann.“ – „Das ist voll unfair“, war die prompte weibliche Reaktion. Daraus entwickelte sich ein kleines Gespräch, in dessen Verlauf ein Kind meinte: „Gott ist keines von beiden.“
So komme ich zu der wichtigen Frage: Wie von Gott sprechen?
Der Kirchenlehrer und Bischof Anselm von Canterbury (1033-1109) prägte einen sehr bedeutsamen und hilfreichen Satz: „Gott ist immer größer, als wir denken können!“
Im Christentum ist die Rede von Gott als „Vater“, ein männliches Bild. Hintergrund: In bestimmten Ausprägungen des Judentums erschien Gott als unnahbar. Es gab das Verbot, seinen Namen auszusprechen. Dem begegnete Jesus mit der Rede von Gott als gutem und liebevollem Vater, zu dem ich eine persönliche und vertrauensvolle Beziehung haben darf, und verwendete den aramäischen Begriff „abba“ – übersetzt: „Papa“. Und so beten Christen das Vaterunser. Vertrauen statt Unnahbarkeit.
Ein weiterer Aspekt: Denken und Sprechen sind an Bilder gebunden, ebenso die theologische Rede. Es sind aber „nur Bilder“, also menschliche Vorstellungen, die jedoch sehr wohl eine göttliche Entsprechung haben – die aber zugleich ganz anders ist, größer, als wir denken können (Analogie). Das heißt: Gott ist wie ein guter Vater, aber er ist kein Mann! Und keine Frau oder Träger eines anderen Geschlechts.
Schwierig ist, wenn das Bild vom Vater dazu gebraucht wird, um einen Vorrang des Männlichen zu begründen – und damit verbunden die Abwertung aller anderen Geschlechter.
Die Beziehung zu Gott geschieht im Gebet, im persönlichen „Du“. Alle dürfen zu Gott beten – mit den Worten, die für sie passen! Der Prophet Jesaja (66,13) vergleicht Gott mit einer Mutter: „Ich will euch trösten, wie einen seine Mutter tröstet.“ Ein mütterliches Bild von Gott findet sich auch im Psalm 131,2.
Und: Die Anrede von Gott als „Heiliger Geist“ macht deutlich: Gott ist über allem – ganz anders, als Menschen denken können, unverfügbar und zugleich persönlich ganz nah. „Ist doch fair.“
Thomas Seibert, Diplomtheologe
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