Bei einem interessant gestalteten Vortrags- und Begegnungsabend berichteten der Pallottiner-Pater Sepp Wasensteiner und sein Mitbruder Pater Reinhold Maise am 3. April im Roncallihaus auf berührende Weise von der Arbeit im Bundesstaat Maranhao im Nordosten Brasiliens. Wasensteiner stammt aus Lenggries in Oberbayern und wirkt seit 1991 in der Missionsarbeit.
„Jesus hat sich nicht nur um das geistliche Wohl der Menschen gekümmert, sondern auch um das körperliche. Die Geschichte von der Brotvermehrung oder die zahlreichen Heilungsgeschichten zeigen das sehr eindrücklich. So ergibt sich für die Kirche nicht nur ein geistlicher Auftrag, sondern ebenso ein konkreter sozialer Einsatz für ein würdevolles Leben der Armen und Entrechteten.“ Zudem kommt der von Papst Franziskus hervorgehobene Gesichtspunkt, dass wir als Menschheitsfamilie zusammengehören – gleichsam einen großen Leib bilden. Leidet ein Teil, so leidet der ganze Leib. Das Schicksal der armen Menschen in einem anderen Erdteil berührt auch uns. Damit verbunden ist in erheblichem Maß die Glaubwürdigkeit unserer Kirche.
Sehr anschaulich erläuterte Wasensteiner die Fortschritte im Bereich der Alphabetisierung. Zu Beginn seiner Arbeit konnten 27% der Einheimischen in seinen Gemeinden lesen und schreiben, heute sind es bereits 51%. Bildung ist enorm wichtig. Denn nur wer lesen und schreiben kann, hat die Möglichkeit, sich gegen das oftmals unrechtmäßige Vorgehen von Großgrundbesitzern zu wehren. Korruption und Urkundenbetrug gehören zum Alltag in Lateinamerika. Und trotzdem gibt der Pallottiner niemals auf, zusammen mit Rechtsanwälten gegen die Enteignung und Entrechtung der einfachen Menschen zu kämpfen. Nicht selten lassen Großgrundbesitzer unbequeme Personen durch „Pistoleros“ beseitigen. Auch Wasensteiner kennt mehrere persönliche Morddrohungen gegen ihn und die Preise seines „Kopfgeldes“. Erstaunlich dabei ist, mit welch großer Gelassenheit er davon berichtet – ein Zeugnis seines großen Vertrauens in Gott. Er wolle sich nicht verstecken, wie ihm geraten wurde, sondern weiter seine Arbeit fortsetzen und offen Zeugnis geben.
Die tiefen Konflikte zwischen Großgrundbesitzern und Kleinbauern haben ihren Grund in einer maßlosen Gier von Menschen, die bereit sind, für größeren Gewinn, „über Leichen zu gehen“. Riesige Waldrodungen sollen Weideflächen für Rinder schaffen, um den weltweiten Fleischverbrauch zu befriedigen, oder Flächen für Nutzpflanzen, um Tierfutter für den Weltmarkt zu erzeugen. Ein sehr fragwürdiges Geschehen, das zudem das Ökosystem für uns alle nachhaltig schädigt. Giftige Pestizide, die in Europa verboten sind, kommen durch Flugzeuge und Drohnen zum Einsatz. Die ohnmächtigen Kleinbauern werden dadurch krank.
Ein sehr großes Problem ist das mit den Rodungen verbundene starke Absinken des Grundwasserspiegels. Fehlendes oder verseuchtes Wasser führen zu viel Elend, vor allem für Kinder. Aus diesem Grund kümmert sich der Pater zusammen mit engagierten Menschen um das Bohren von Brunnen, was in vielen Fällen sehr aufwändig ist. Mit begrenzten finanziellen und technischen Möglichkeiten kann es gelingen, nach 20 oder gar erst mehr als 40 Metern auf sauberes Wasser zu stoßen: Wasser ist Leben!
Auch die an diesem Abend eingegangenen Spenden dienen genau diesem Zweck – ebenso ein Teil des Erlöses des Solidaritätsessens, das am 6. April nach dem Gottesdienst (10:45 Uhr, St. Georg und Michael) um 12:00 Uhr im Roncallihaus, Klausenberg 7, stattfindet.
Trotz allen Schwierigkeiten will Pater Wasensteiner seine wertvolle und durchaus gefährliche Arbeit voll Vertrauen fortsetzen und so ein glaubwürdiges Zeugnis geben – vor Ort und bei uns. Trotz allem: Genau diese Arbeit im Dienst des Evangeliums macht ihm große Freude.
Text und Bild: Thomas Seibert
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