Die Krönungswurst ist heute noch ein Hit. Es handelt sich um eine rote Rindswurst, die im heißen Wasser siedet. Das Besondere sind die mediterranen Gewürze, die ihr schon seit dem Mittelalter beigefügt werden und das Räuchern auf Buchenholz aus dem Frankfurter Stadtwald. Die vielen hochgewachsenen Buchen entfalten vor allem im Morgentau einen wunderbaren Duft, der sich beim Essen wirklich schmecken lässt. Man verzehrt sie auf der Hand – mit Senf und Brötchen; so heißen die Semmeln in meiner alten Heimat. Die Frankfurter Bürger ließen es sich in ihrer Geschichte nicht nehmen, die Krönungen von Kaisern und Königen festlich üppig zu gestalten. Auf dem Krönungsweg vom Dom zum Römer gab es für die vielen jubelnden Menschen besagte Krönungswurst. Ein Genuss. Am sogenannten Roten Haus wird sie heute noch serviert.
Die Freude am Feiern war die eine Sache. Die andere: Die Leute waren froh, wenn das Fest vorbei war und der Hochadel wieder aus der Stadt. Vielen geht es bei länger andauerndem Besuch der Verwandtschaft ja ähnlich. Corona bringt manchen in diesem Fall eine gewisse Erleichterung.
Die Sache mit den Königen ist zweiseitig. Demokratisch aufgeklärte und moderne Menschen winken beim Gedanken eines Königtums eher ab. Wenn die Kirche das Christkönigsfest feiert, ist es vielleicht ähnlich. Papst Pius XI. hatte 1925 das Fest wenige Jahre nach dem Untergang von europäischen König- und Kaiserreichen eingesetzt. Das Königtum Christi, seine universale Herrschaft, als Gegensatz zu weltlicher Herrschaft – so war die Idee. Mitgeschwungen hatte auch ein Machtkampf zwischen Kirche und Staat.
Überrascht haben mich Grundschulkinder, als ich ihnen die Frage stellte: Was ist ein guter König? Voller Begeisterung sprudelten viele Eigenschaften hervor, so schnell, dass ich an der Tafel kaum mitschreiben konnte und der Platz bald verbraucht war. Gerecht soll er sein, gütig, mild, weise und klug, vorausschauend, lieb, aber auch mächtig, um die Schwachen beschützen zu können.
Der Evangelist Matthäus greift in einer Zeit der römischen und christenfeindlichen Kaiserherrschaft den Gedanken des Königtums auf und setzt dabei einen besonderen Akzent:
„In jener Zeit sprach Jesus zu seinen Jüngern: Wenn der Menschensohn in seiner Herrlichkeit kommt und alle Engel mit ihm, dann wird er sich auf den Thron seiner Herrlichkeit setzen. Und alle Völker werden vor ihm versammelt werden und er wird sie voneinander scheiden, wie der Hirt die Schafe von den Böcken scheidet. Er wird die Schafe zu seiner Rechten stellen, die Böcke aber zur Linken. Dann wird der König denen zu seiner Rechten sagen: Kommt her, die ihr von meinem Vater gesegnet seid, empfangt das Reich als Erbe, das seit der Erschaffung der Welt für euch bestimmt ist! Denn ich war hungrig und ihr habt mir zu essen gegeben; ich war durstig und ihr habt mir zu trinken gegeben; ich war fremd und ihr habt mich aufgenommen; ich war nackt und ihr habt mir Kleidung gegeben; ich war krank und ihr habt mich besucht; ich war im Gefängnis und ihr seid zu mir gekommen. Dann werden ihm die Gerechten antworten und sagen: Herr, wann haben wir dich hungrig gesehen und dir zu essen gegeben oder durstig und dir zu trinken gegeben? … Darauf wird der König ihnen antworten: Amen, ich sage euch: Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan.
Dann wird er zu denen auf der Linken sagen: Geht weg von mir, ihr Verfluchten, in das ewige Feuer, das für den Teufel und seine Engel bestimmt ist! Denn ich war hungrig und ihr habt mir nichts zu essen gegeben; ich war durstig, und ihr habt mir nichts zu trinken gegeben… Amen, ich sage euch: Was ihr für einen dieser Geringsten nicht getan habt, das habt ihr auch mir nicht getan. Und diese werden weggehen zur ewigen Strafe, die Gerechten aber zum ewigen Leben.” (25,31-46)
Matthäus spart nicht mit deutlichen Worten. Das Thema ist ihm ernst. Und er gibt dem Königtum einen entscheidenden Akzent: Im notleidenden Mitmenschen begegne ich dem König Christus selbst! IHM SELBST! Dieses Bild muss man auf sich wirken lassen. – Mir macht es Mut.
Es gibt in Deutschland keine Könige mehr. Aber sehr viele Arme. „Hast Du mal ´nen Euro?“ fragte der Bettler am Mainufer. – „Hier sind drei. Da vorne am Roten Haus können wir eine heiße Wurst essen…“
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Thomas Seibert, Diplomtheologe