Als meine Cousine vor vielen Jahren schwer erkrankte, hat sie tapfer eine längere Zeit mit Therapien verbracht. Danach kam sie zu der Erkenntnis, ihr Leben grundlegend zu verändern. Sie trennte sich von einer unglücklichen Beziehung, ein Akt der Befreiung, und siedelte als alleinerziehende Mutter mit ihrem kleinen Sohn auf die thailändische Insel Koh Samui. Der besuchte dort eine Cambridge-School, machte sein Abitur, studierte später Flugzeugbau und arbeitet heute als Ingenieur bei Airbus. Bei einer großen Familienfeier in Unterfranken saß ich vor kurzem bei ihm am Tisch. Es war eine schöne Unterhaltung. Er macht gerade den Pilotenschein auf einer einmotorigen Cessna 172. In diesem Zuge kamen wir auf ein Lied von Reinhard Mey: „Über den Wolken / Muss die Freiheit wohl grenzenlos sein / Alle Ängste, alle Sorgen / Sagt man / Blieben darunter verborgen / Und dann / Würde was uns groß und wichtig erscheint / Plötzlich nichtig und klein.“
Als wir dasaßen, wusste ich von meiner Krebsdiagnose noch nichts. Und doch hatte ich schon länger eine ungute Ahnung – ein Zustand, der meinen Schlaf schädigte. Vielleicht passte dazu, dass ich schon vor einigen Wochen mein Büro intuitiv aufgeräumt habe. Über die Jahre sammelten sich Papiere, Mappen, Flyer – Dinge, die ich einmal für wichtig und bedeutsam gehalten habe. Und plötzlich stelle ich fest: „Vieles ist nichtig und klein.“
Es ist gut, so der Arzt, im Blick auf die kommende Zeit und die Therapien, sein Leben neu auszurichten. Das will ich tun. Meine Frau konnte ich beruhigen: „Ich möchte keine Weltreise machen. Ein neues Auto – eher nicht.“
Jesus gibt mir Orientierung: „Wer von euch kann mit all seiner Sorge sein Leben auch nur um eine kleine Zeitspanne verlängern? … Sorgt euch also nicht um morgen; denn der morgige Tag wird für sich selbst sorgen“ (Matthäus 6,27f). Grenzen akzeptieren – Gelassenheit üben.
P.S. Wie schön wäre es, wenn ich mitfliegen und allen Sorgen entfliehen könnte. Im Blick auf die Flugangst mancher Menschen meinte ein ehemaliger Nachbar und Pilot: “Keine Sorge – runter kommen wir immer.”
Thomas Seibert, Diplomtheologe
Bild: pixabay
Ingrid Schnieringer meint
Ich habe deine Erzählung so richtig genossen . Ich danke dir für deine Offenheit und schicke dir meine besten Gedanken zu.
Bleib stark und fühle dich umarmt.
Gott vergisst dich nicht und ich auch nicht.
alles lieb Ingrid
Thomas Seibert meint
Liebe Ingrid,
herzlichen Dank für Deine liebevollen Worte, die mich sehr aufbauen und ermutigen! Danke!
Liebe Grüße
Thomas