Baugeschichte
Auf eine sehr frühe Kirchengründung in der Ursiedlung Inningen weist das Patrozinium hin. Es ist anzunehmen, dass in Inningen ein vorfränkischer Pfarrsitz bestand. Der im 11. Jahrhundert erstmals urkundlich genannte Ort an der Hochstraße gehörte zur bischöflichen Strassvogtei, die wiederum dem Pflegamt Bobingen zugeteilt war. Seit 1331 stand die Pfarrkirche und der Zehnt dem Benediktinerstift St. Ulrich und Afra zu.
Der Turmunterbau stammt aus verschiedenen romanischen Bauperioden des 12. und 13. Jahrhunderts, das Turmoberteil war 1665 baufällig und wurde 3 Jahre später durch den domkapitelschen Maurermeister Jörg Wörle abgetragen und neu aufgebaut.
Im Jahr 1713 erfolgte der Neubau des Langhauses mit Chor und Sakristei. Die Grundsteinlegung war am 2. März. Aus alten Kirchenrechnungen geht hervor, dass die Kirche von „Thoma Fischer, Heyligen Pfleger und Mayr alhier“ entworfen und gebaut wurde. Am 17. Oktober 1713 war die Konsekration der Kirche durch den damaligen Weihbischof Johann Kasimir Röls. Sowohl die Grundsteinlegung wie auch die Einweihung erfolgte zusammen mit dem Neubau der Gögginger Kirche St. Georg und Michael.
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Den reichen Stuck fertigten Stuckateure der Wessobrunner Schule. 1729 entstanden die Deckenbilder durch Johann Heel aus Göggingen. Den Hochaltar stiftete 1717 die Gemeinde, 1724 kamen die Seitenaltäre hinzu. Für eine Orgel wurde 1729 eine zweite Empore eingebaut. Erst 1750 schuf Josef Einsle aus Göggingen die Kanzel.
Im Laufe der vergangenen Jahrhunderte erfolgten wiederholt Renovierungen und Reparaturen der Kirche, zuletzt im Jahr 2012. Über diese Zeit erhielt sich jedoch ein harmonischer Gesamteindruck. Die Inninger Pfarrkirche gilt als das bemerkenswerteste Beispiel eines ländlichen Sakralbaus aus dem frühen 18. Jahrhunderts in der näheren Umgebung.
Baubeschreibung
Der mächtige, in Backstein aufgemauerte Turm hat eine Höhe von 54 m. Er ähnelt allen benachbarten Türmen an der „Hochstraße“. In seinem Aufbau zeigt er acht quadratische und drei achteckige Geschosse mit Zwiebelhaube. Das 1668 durch Jörg Wörle aufgesetzte Oktogon ist im Detail vom Augsburger Ulrichsturm beeinflusst und Vorbild für den 1681 entstandenen Turmoberbau der St. Georgskirche in Augsburg.
Die Kirche hat eine Länge von 36½ m, eine Breite von 12 m und eine Höhe von 14 m. Sie besitzt einen eingezogenen Chor zu zwei Jochen mit korbbogigem Schluss. Das Langhaus ist von einer gedrückten Korbbogentonne überwölbt und durch vier Jochen mit flachen Gurtbögen und breiten Stichkappen auf korinthischen Pilastern unterteilt.
Der Stuck im Chor und Langhaus in reicher Wessobrunner Art schmückt den Kirchenraum in Weiß auf zartrosa, gelbem und hellgrünem Grund. Hauptmotive sind Akanthus, Blattstäbe, Blumen und Früchte. Im Langhaus finden sich seitlich über den Fenstern in der Jochmitte plastische Putten mit Emblemen, die auf die Darstellung im Mittelbild bezogen sind:
Von Ost nach West: 1. Schlüssel und Hahn, Papstkreuz und Tiara (Hl. Petrus); 2. Krone und Zepter, Palmzweig (Hl. Maria); 3. Heft und Schreibfeder, Schwert (Hl. Paulus);
Die Deckenbilder und Tonmalereien in den Medaillons über den Pilastern wurden 1729 von Johann Heel gefertigt: im Chor das Lamm Gottes und die Hl. Dreifaltigkeit;
die Medaillons von Ost nach West: 1. Moses vor dem brennenden Dornbusch und Opfer des Melchisedech; 2. Der Evangelist Johannes und Maria von Magdala vor dem leeren Grab; 3. Kirchenväter Ambrosius und Augustinus.
Im Langhaus: Das Deckenbild „Verleugnung des Petrus“, mit Medaillons: Petrus weinend und Schlüsselübergabe; das Bild „Mariä Himmelfahrt“ mit Medaillons: Olive, Zeder und Zypresse, Erzengel Gabriel mit Hunden, Jungfrau und Einhorn; das Bild „Berufung des Paulus“, mit Medaillons: Paulus vor König Agrippa und Paulus auf dem Weg nach Damaskus.
Die drei Altäre mit den marmorierten Holzaufbauten, vergoldeten Ornamenten und blau gefassten Säulen sind prunkvoll von einem unbekannten Meister gestaltet.
Zum Hochaltar (1717) gehört ein großes aufziehbares Passionsbild „Beweinung Christi“. Es stellt eine bemerkenswerte Arbeit im Stil des italienischen Frühbarock, wohl aus dem frühen 17. Jahrhundert, dar. Der Mittelteil des Altars ist als Bühne gestaltet; darin befindet sich eine moderne Holzfigur der Muttergottes in der Glorie, umgeben von Putten, Engeln, Engelsköpfen.
Am Antependium befindet sich das Bild „Kreuzigung des heiligen Petrus“ (Öl auf Leinwand) Seitlich der äußeren Altarsäulen stehen ausgezeichnete, gefasste Holzfiguren der Hl. Petrus und Paulus (1715/20), noch weiter außen Hl. Joseph und Hl. Antonius von Padua.
Linker Seitenaltar: In der Nische eine Nachbildung der Madonna von Einsiedeln (1715), darüber das Bild „Maria als Königin des Rosenkranzes“(1889) mit Dominikus und Papst PiusV., oben hl. Aloisius, seitlich die Figuren der hl. Barbara und hl. Katharina, als Bekrönung der hl. Michael. Ihm entspricht am rechten Seitenaltar der hl. Georg zu Pferd. Das Hauptbild (1821) ist den Diözesanheiligen Afra und Ulrich gewidmet. In der Nische eine Figurengruppe „Hl. Anna selbdritt“; weitere Figuren: hl. Sebastian und hl. Rochus, hl. Valentin und hl. Leonhard; das obere Bild zeigt hl. Teresa von Avila.
Der Volksaltar aus Bronze ist ein Werk des Künstlers Klaus Backmund, München 1989. Der Augsburger Weihbischof Max Ziegelbauer weihte ihn am 13. Mai 1990. 1973 entwarf Curt Portzky aus Altötting den Ambo, welchen die Firma Brandtner, Regensburg fertigte.
Entlang der Seitenwände beleben die weiß mit Gold gefassten Apostelfiguren (um 1730), den Kirchenraum; sie stammen wie die Apostelfiguren Petrus und Paulus am Hochaltar aus der Werkstatt des Ehrgott Bernhard Bendel.
Das Kruzifix am Chorbogen mit den seitlich stehenden Assistenzfiguren Maria und Johannes stammt aus dem frühen 18. Jahrh. Die Kanzel, die Josef Einsle 1750 schuf, wurde von Gottfried Ruepp aus Inchenhofen gefasst. Sie ist mit dem hl. Paulus bekrönt.
Der Taufstein aus Rotmarmor trägt ein Kupferbecken, dessen Deckel die Jahreszahl 1756 aufweist.
Neben dem älteren Turm ist die Pfarrkirche von Inningen ein beachtlicher Bau des Hochbarock mit einer reichen, einheitlichen Ausstattung. Sie gehört zu den schönsten barocken Pfarrkirchen im Augsburger Raum.
Helga Hundseder